Führungsstil und Persönlichkeit

Brauche ich einen Führungsstil?

Insbesondere der technologische, soziale und demografische Wandel verändern unsere Lebens- und Arbeitswelt rasant. Jahrelange Forschungsarbeit und unzählige Ratgeber über den richtigen und zeitgemäßen Führungsstil sind ebenso schnell obsolet oder zumindest infrage zu stellen.

Gibt es einen Führungsstil, der auf die Anforderungen dieser immer komplexer werdenden wirtschaftlichen und persönlichen Bedingungen an eine Führungskraft wirklich Stand halten kann? Ja und Nein.

Den Menschen im Wandel betrachten

Gleichzeitig ein ausgezeichneter Stratege*, empathischer Coach, motivierender Leader, exzellent organisierter Manager zu sein und darüber hinaus mit fachlicher Expertise zu glänzen, ist eine unmögliche Aufgabe. Dieser multlidimensionale Spagat ist weder vereinbar mit einem bestimmten Führungsstil noch durch eine Person machbar.

Zudem unterliegen wir Menschen und somit auch das Unternehmen einem stetigen Wandel, angetrieben aus immer neuen Aktionen und Reaktionen und daraus resultierenden Erfahrungen. Ein System, in dem wir uns als Mensch, als Führungskraft und als Unternehmen immer wieder selbst aktualisieren und neu verorten. Hierfür benötigt es Raum für Selbstreflexion, Austesten, Feedback und Entwicklung.

Ein Unternehmen profitiert am meisten davon, wenn die Menschen ihr volles Potential aus Persönlichkeitseigenschaften, Sinnerleben, Arbeitsengagement, Kompetenzen und einer positiven Weiterentwicklung aufgreifen und investieren können. Das setzt wiederum voraus, dass sich die Menschen in einem Unternehmen einzeln und im Kollektiv von innen heraus mit eben diesen ‚Ressourcen‘ auseinandersetzen und diese umsetzbar machen. Von außen übergestülpte Konstrukte und Best Practices sollten hier eher als Orientierungshilfe dienen, jedoch nicht als Schablone auferlegt werden. Was sich hierbei an kurzfristigen positiven Effekten zeigen kann, birgt allzu oft langfristig die Gefahr, durch einen negativen Einfluss der Selbstentfremdung auf allen Ebenen tiefgreifenden Schaden anzurichten.

Funktional und menschlich

Funktional und menschlich ist, was sich im Einklang mit wirtschaftlicher und ebenso persönlicher Entwicklung befindet. Ziel ist es nicht, den richtigen Führungsstil zu finden, sondern einen Weg, langfristig gesund und produktiv mit den persönlichen und wirtschaftlichen Bedingungen umgehen zu können. Ein Führungsstil sollte daher der eigenen persönlichen Entwicklung nah sein sowie auch den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen folgen. Er sollte ebenso nach innen wie auch nach außen wirksam und authentisch sein.

Experten für Leadership- und Organisationsentwicklung fordern zur authentischen und damit persönlichkeitsnahen Führung auf, die eine Grundlage dafür schafft, dass sich Menschen in Unternehmen auf Augenhöhe begegnen. Authentische Führung ist menschlich und inhaltsorientiert. Sie nutzt die natürlichen Stärken aller Menschen im Unternehmen. Sie begleitet, unterstützt und befähigt sie durch die eigenen günstigen Persönlichkeitsanteile. Neben dem authentischen Führungsstil sind eine Vielzahl an Führungsstilen hinsichtlich bestimmter Rahmenbedingungen und zentraler Annahmen in ihrem Wirken belegt. Es bleiben trotzdem die Fragen offen, wie gut ein Führungsstil zu der eigenen Persönlichkeitsstruktur passt und wie beständig diese bestimmten Rahmenbedingungen, unter denen ein Führungsstil angelegt und besonders wirksam ist, sind.

Die Persönlichkeit als Kompass

Die oben aufgezeigten Trends der Arbeitswelt führen vor allem zu den Bedingungen der VUCA-Welt, die insbesondere durch Komplexität, Schnelligkeit und Unvorhersehbarkeit geprägt ist.

Neben den positiven Aspekten, die dieser Fortschritt mit sich bringt, stellt uns die VUCA-Welt, vor allem als Führungskraft, vor die Herausforderung, immer flexibler denken und handeln zu müssen. Das, was wir in diesen unsicheren Rahmenbedingungen jedoch weiterhin sicher und vollständig selbst beeinflussen können, ist unsere Persönlichkeit! In einer Welt, in der alles möglich und zugleich unmöglich erscheint, kann unsere Persönlichkeit ein starker Anker sein.

Durch die Bewusstmachung und Entfaltung unserer natürlichen Persönlichkeitsanteile finden wir einen langfristig authentischen und gesunden Weg, uns in unvorhersehbaren Bedingungen zurechtzufinden. Dabei dienen uns unser Charakter, unsere Motive sowie unsere Kompetenzen als ein individueller Kompass. Jeder Person liegen andere Persönlichkeitseigenschaften zugrunde, die sie befähigen, bestmöglich auf Herausforderungen zu reagieren, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Wer hieraus das Gefühl von Urvertrauen in sich selbst und Selbstsicherheit gewinnt, hat eine robuste Grundlage, auf die Herausforderungen der Zukunft im Rahmen der eigenen Werte und persönlichen Grenzen und Möglichkeiten zu reagieren.

Dieser Aspekt legt nahe, dass es sinnvoll ist, nicht dem Eindruck nachzugeben, wir müssten als Führungskraft jegliche Kompetenzen und Eigenschaften verkörpern, die auf all die beschriebenen komplexen Einflüsse heute und in Zukunft eine adäquate Reaktion bieten. Besser sollten wir unsere günstigsten Persönlichkeitsanteile nutzen, weiterentwickeln und damit vermeiden, durch die Ansprüche von außen uns selbst zu verlieren. In der Regel erreichen wir Ziele auf verschiedenen Wegen. Das wird vor allem deutlich, wenn wir aufhören, uns zu vergleichen, sondern die Wege der anderen als Inspiration betrachten. Um seinen individuellen Weg zu finden und zugleich das Gefühl, sich verbiegen zu müssen, auszusparen, braucht man einen Zugang zum eigenen Selbst. Welche Persönlichkeitsanteile machen mich aus und sind günstig für meinen Entwicklung als Führungskraft?

Eine wirksame Möglichkeit, sich seinen individuellen Rahmen an persönlichen Führungskompetenzen und günstigen Persönlichkeitsmerkmalen bewusst zu machen und in die eigene Führungsrolle zu integrieren, bieten fundierte Verfahren zur Persönlichkeitsdiagnostik. Sie stellen eine exzellente Basis für die Entfaltung einer langfristig persönlichkeitsorientierten Führung dar. Eine professionelle und evidenzbasierte Persönlichkeitsanalyse kann hier gezielt, auch über die allgemeine Persönlichkeitsstruktur hinaus, persönliche Ressourcen im Kontext wie z.B. Führung, Agilität, Teamfähigkeit, Resilienz oder Motivation aufzeigen und nutzbar machen.

Nice to know – kleiner Zusatz:

Nach einem Modell von J. Loevinger (1996), das bis heute in der Führungscoaching- und Organisationsentwicklung Anwendung findet, unterliegt die Führungskompetenz bestimmten ‚Ich-Entwicklungsstufen‘, dessen Entwicklungsziel die ‚integrative Führungskraft‘ ist und sich vor allem durch charakterliche Reife auszeichnet. Auch Laloux beschreibt in seinem Buch ‚Reinventing Organizations‘, dass eine reife Organisation auf Basis einer sinnstiftenden Zusammenarbeit häufig durch eine sehr ‚reife‘ Führungskraft geführt wird. Die Entwicklungsstufe der ‚integrativen Führungskraft‘ kann durch folgende Eigenschaften beschrieben werden:

– authentische Persönlichkeiten mit einer großen Vorbildwirkung
– Möglichmachern von co-kreativen Qualitäten in der Zusammenarbeit
– Ermöglicher von geteilter Verantwortung und gegenseitiger Befähigung
– Antreiber für Potentialentfaltung von Menschen, Teams und Organisationen

Charakterliche Reife kann durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeitsstruktur gefördert werden. Dabei können die Ich-Entwicklungsstufen auch im Rahmen eines Coachings oder Trainings einen Vorteil bieten, um den eigenen Entwicklungsweg von Führung darzustellen und gezielter anzugehen.

Wenn Sie mehr über ‚Persönlichkeitsorientierte Führung‘ erfahren möchten, melden Sie sich gern für ein kostenfreies Erstgespräch.

Als LINC Senior Coach und Trainerin arbeite ich persönlichkeitsorientiert – wissenschaftlich fundiert und umgesetzt nach neuesten psychologischen Standards.

 

Weitere Informationen über das ‚Persönlichkeitsorientierte Coaching und Mentoring‘ sowie das ‚Persönlichkeitsorientiert Führungskräftetraining‘ finden Sie hier auf meiner Webseite.

 

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Im Sinne der Gleichbehandlung werden immer alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen. Die verkürzte Sprachform hat ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keinerlei Wertung.

 

Quellen:

– Laloux, Frederic (2016). Reinventing Organizations.

– Wirtschaftspsychologie aktuell. Ausgabe 1|2022.

– Affemann, Rudolf (2016). Führen durch Persönlichkeit: Selbsterfahrungsgruppen berichten.